[Principia Diskordia: Einleitung zur Vierten Auflage]

EINLEITUNG

Du hältst eines der bedeutendsten Bücher unseres Jahrhunderts in der Hand fnord.

Einige bedeutende Bücher werden sofort mit einem Hagel von Jubel und Verrissen der Kritiker begrüßt, wie James Joyce's ULYSSES. Andere erscheinen eher verstohlen und werden erst 50 Jahre später entdeckt, wie MOBY DICK oder Mendells großartiger Essay über Genetik. Die PRINCIPIA DISKORDIA betrat unser Raum-Zeit-Kontinuum eher unauffällig wie ein Fassadenkletterer, der über eine Fensterbank kriecht.

1968 hatte eigentlich noch niemand von diesem wundervollen Buch gehört. 1970 redeten Hunderte von Leuten von Küste zu Küste darüber und fragten nach der Identität des Autors, Malaclypse der Jüngere. Gerüchte fegten über den Kontinent, von NY nach LA, von Seattle nach St Joe. Malaclypse war eigentlich Alan Watts, hatte einer gehërt. Nein, sagte eine andere Legende - die PRINCIPIA war eigentlich das Werk des Sufi-Ordens. Ein dritter, sehr interessanter Mythos hielt sich, daß Malaclypse ein Pseudonym für Richard M. Nixon war, der angeblich die PRINCIPIA während einiger weniger Momente der Klarheit verfasst haben soll. Ich freute mich über jede von diesen Geschichten und tat meinen Teil, um sie weiterzuverbreiten. Auch war ich sorgfältig darauf bedacht, nicht gelegentlichen Gerüchten zu widersprechen, ich hätte das ganze Ding selber während eines Acid-Trips geschrieben.

Die Legende, das Geheimnis, der Kult wuchs stetig. In der Mitte der 70er sprachen Tausende von Leuten, einige so weit weg wie Hong Kong oder Australien, über die PRINCIPIA, und seit das Original vergriffen ist zirkulieren hier und da Kopien.

Als die ILLUMINATUS!-Trilogie 1975 erschien, erhielten mein Co-Autor, Robert Shea, und ich Hunderte von Briefen von Leuten, die fasziniert waren von den Zitaten aus der PRINCIPIA, mit denen wir den Anfang einiger Kapitel dekoriert hatten. Viele, die von der PRINCIPIA gehört oder Exemplare gesehen hatten, fragten, ob Shea und ich es geschrieben hätten oder ob wir Kopien besorgen könnten. Andere fragten, ob es echt ist oder etwas, das wir erfunden hätten, so wie H.P. Lovecraft das NECRONOMICON erfunden hat. Wir antworteten je nach unseren Stimmungen; manchmal erzählten wir die Wahrheit, manchmal verbreiteten wir die kolossalsten Lügen und Mythen, die wir uns ausdenken konnten fnord.

Warum nicht? Wir fühlten, daß dieses Buch ein wahrer Klassiker (literatus immortalis) war, und, nachdem die angebliche Intelligentsia es immer noch nicht entdeckt hatte, war der beste Weg, seine Legende lebendig zu halten, die Mythologie und die Kontroverse darüber zu fördern. Zunehmend fragten Leute bei mir an, ob Timothy Leary es geschrieben hätte, und meistens erzählte ich ihnen, er hätte, ausgenommen Freitags, wenn ich launenhafter bin, in diesem Fall erzählte ich ihnen, daß es von einer hündischen Intelligenz - unermeßlich, kalt und unsympathisch - vom Hunde-Stern Sirius übermittelt worden wäre.

Nun, endlich, kann die Wahrheit erzählt werden.

Tatsächlich ist die PRINCIPIA das Werk eines zeitreisenden Anthropologen aus dem 23.Jahrhundert. Gegenwärtig bewegt er sich unter uns als Computerspezialist, Bon Vivant und Philosoph namens Gregory Hill. Er hat außerdem einige Ausgaben von Etruskischer Erotik-Dichtung übersetzt, unter einem anderen Pseudonym, und im 18.Jahrhundert war er der geheimnisvolle Mann in Schwarz, der Jefferson das Muster für das große Siegel der Vereinigten Staaten übergab.

Ich habe aus sicherer Quelle erfahren, daß er einer der erfahrendsten Zeitreisenden der Galaxis sein soll, und daß er die Erde viele Male in der Vergangenheit besucht hat, unter so verdeckten Identitäten wie Zeno von Elias, Kaiser Norton, Graf Cagliostro, Wilhelm von Aquitanien, etc. Immer wenn ich ihn danach befragte, wurde er sehr ausweichend und versuchte mich zu überzeugen, daß er eigentlich nur ein Erdenmensch des 20.Jahrhunderts sei und alle meine Ideen über seine außerirdische und außerzeitliche Herkunft Einbildungen. Hah! Ich bin nicht so einfach irrezuführen. Schließlich würde ein zeitreisender Anthropologe genau das sagen, so daß er uns beobachten kann, ohne durch seine Gegenwart einen Kulturschock auszulösen.

Ich kann mir denken warum er zugestimmt hat, ein Nachwort zu dieser Ausgabe zu schreiben. Wahrscheinlich widerspricht er allem, was ich dir erzählt habe, aber glaube ihm kein Wort fnord. Er ist Meister darin, mit ausdrucksloser Miene Leute irrezuführen, Meister der plausiblen Satire, der philosophischen Fopperei und aller Zweige der Guerilla-Ontologie.

Um richtig wirken zu können, sollte dieses Buch zusammen mit THE ILLUMINOIDS von Neal Wilgus (Sun Press, Albuquerque, New Mexico) und ZEN OHNE ZENMEISTER von Camden Benares (Sphinx, Basel, Schweiz) gelesen werden. "Wir operieren hier auf vielen Ebenen" wie Kesey immer sagte.

Zum Abschluß...da ist kein Abschluß. Die Dinge gehen so weiter wie bisher, nur daß sie immer seltsamer werden.

Heil ERIS. Alles Heil DISKORDIA. Fnord?

-Robert Anton Wilson,
Internationale Waffen und Haschisch AG.,
Darra Basar, Kohat

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